Abweichendes Verhalten als gesellschaftstheoretische Kategorie – von Durkheim zu Garfinkel
Title: Abweichendes Verhalten als gesellschaftstheoretische Kategorie – von Durkheim zu Garfinkel
Authors: Reinhard Kreissl
Publication: Journal für Rechtspolitik
Published: 2019
Full Text: Available Here
Citation:
Kreissl, R. (2019). Abweichendes Verhalten als gesellschaftstheoretische Kategorie–von Durkheim zu Garfinkel. Journal für Rechtspolitik, 27(4), 244-250.
Abstract:
Wenn man sich aus soziologischer Perspektive mit dem Thema abweichendes Verhalten beschäftigt, so kann man auf eine substantielle Definition von Abweichung verzichten. Was ist damit gemeint? Abweichend ist aus dieser Perspektive ein Verhalten, dass von einem Beobachter als abweichend bezeich- net wird. Erst der Ruf „Haltet den Dieb!“ konstituiert den Diebstahl als soziales Ereignis. Was immer man über den modus operandi des Täters, das genetische Outfit oder die schlimme Kindheit von Verbrechern herausfinden mag, als soziologisch relevantes Ereig- nis entsteht abweichendes Verhalten erst durch die Reaktion der Beobachter, (der Gruppe, der Gesell- schaft, des Rechts). Geht man das Problem von dieser Seite an, so werden auch Akte brutaler Massentötung erst durch soziale Reaktion zum Massenmord. Der Holocaust oder die ethnischen Säuberungsaktionen erfahren entsprechende soziale Ächtung erst aus der historischen oder geographischen Distanz und kön- nen im Vollzug vor Ort als legitime Akte staatlicher Gewalt interpretiert werden. Was ein Verbrechen ist, das bestimmt die Gesellschaft durch ihre Reaktion. Wenn man sich diesen Ansatzpunkt zu eigen macht, dann ergeben sich eine Reihe von Anschlussstellen für gesellschaftstheoretische Überlegungen zum Thema abweichendes Verhalten.